Mein Name ist Julia und vor ca. einem halben Jahr begann das bisher größte Abenteuer meines Lebens. Und ich möchte euch gern mit auf meine Reise nehmen.
Seit Anfang 2021 stand für mich eine Sache fest: Ich möchte ein Auslandsjahr in Amerika machen! Das war zu diesem Zeitpunkt einfach gesagt, denn schnell musste ich feststellen, dass ich mich mit diesem Wunsch vielen Herausforderungen stellen muss. Aber ich war motiviert und bereit und so machte ich mich auf die Suche nach Möglichkeiten, mir diesen Wunsch zu erfüllen.
Bei meiner Recherche im Internet bin ich auf das PPP gestoßen. Das Parlamentarische Patenschafts-Programm (PPP) ist ein Austauschprogramm des Deutschen Bundestages und des US-Congress für Jugendliche und junge Erwachsene aus Deutschland und Amerika. Mit dem PPP erhält man die Möglichkeit, 10 Monate lang das Leben in dem jeweils anderen Land kennenzulernen. Man nimmt dabei die Rolle eines Junior-Botschafters ein und hat die Aufgabe, in den Gastfamilien und der Freizeit die kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Werte des eigenen Landes zu repräsentieren. Genau das wollte ich tun. Das Leben in Deutschland und unsere Kultur mit anderen Menschen auf der Welt zu teilen und dabei auch viel mehr über diese Menschen zu erfahren, ist eine ganz besondere Chance im Leben. Nur ein Jahr High School war nicht alles, was ich erleben wollte.
Doch wie werde ich nun Juniorbotschafter meines Landes?
Ab Mai 2021 konnte ich mich online beim Deutschen Bundestag als Juniorbotschafter bewerben. Hierfür waren in einem ersten Schritt lediglich persönliche Angaben, wie Name, Alter und Wohnort erforderlich. Da es ein Stipendium pro Wahlkreis gibt, war es auch besonders wichtig anzugeben, zu welchen Wahlkreis man gehört.
Dann hieß es, warten. Nach ein paar Wochen erhielt ich meine offiziellen Bewerbungsunterlagen von der für meinen Wahlkreis zuständigen Organisation GIVE per
Post. Zum Ausfüllen dieser Unterlagen hatte ich zwei Wochen Zeit. Weiterhin war die Einreichung von Kopien meiner Zeugnisse, eine Selbstdarstellung, in der ich etwas über mich und meine Motivation für die Teilnahme am PPP beschrieben habe, und ein Gutachten meines/meiner Klassen- oder Englischlehrer/in erforderlich. Danach hieß es wieder warten.
Mitte Oktober 2021 erhielt ich meine Einladung zu einem Auswahlgespräch. Dieses wurde von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern meiner Organisation geführt und musste wegen Corona online stattfinden. Das Auswahlgespräch gliedert sich in zwei Teile: einem Gruppen- und einem Einzelgespräch. Wir begannen mit dem Gruppengespräch. An diesem nahmen neben mir noch 5 weitere Bewerber/innen teil. Jeder von uns hatte vorher ein Kurzreferat zu einem aktuellen gesellschaftlichen, kulturellen oder politischen Thema vorbereitet, zu welchem wir anschließend unsere Meinungen austauschten. Mein Thema war Digitalisierung.
Ich weiß noch ganz genau, wie aufgeregt ich vor diesem Auswahlgespräch war, weil mir langsam bewusst wurde, dass ich nur diese eine Chance habe, um einen guten Eindruck zu hinterlassen. Zu Beginn sollten wir uns auf Englisch vorstellen und kurz etwas über uns erzählen, dann folgten die Vorträge mit der anschließenden Diskussion. Bei meinem persönlichen Gespräch ging es dann nicht mehr um politische Fragen, sondern ausschließlich um mich selbst und meine Motivation. Ich hatte das Gefühl, dass die Stimmung zum Ende hin immer lockerer wurde. Nach einer Stunde war das gesamte Gespräch auch wieder vorbei und es hieß wieder (Ihr ahnt es sicher) warten und hoffen, es in die nächste Runde geschafft zu haben.
Nach zwei gefühlt unendlich langen Monaten erhielt ich dann die erlösende Nachricht im Auswahlverfahren weiter gekommen zu sein. Meine Gefühlswelt schwankte dabei zwischen unendlicher Freude und steigender Aufregung zu dem weiteren Verfahren. Meine Organisation konnte mir zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht genau sagen, wie der weitere Verlauf aussehen würde. Ich wusste nur, dass die endgültige Entscheidung im Januar oder Februar des Jahres 2022 fallen wird. Meine Aufregung wuchs dabei von Monat zu Monat.
Ich erinnere mich noch ganz genau an den Moment, als ich die Mail mit einer Einladung zu einem Gespräch in den Deutschen Bundestag von dem Bundestagsabgeordneten Mathias Papendieck erhielt. Es war der 14. Januar 2022. Ich war total aus dem Häuschen. Da viele Abgeordnete ausschließlich anhand der Bewerbungsunterlagen entscheiden, war es nicht selbstverständlich, die Möglichkeit für ein persönliches Gespräch zu erhalten. Und nach der langen Zeit des Wartens, hatte ich es auch nicht erwartet. Dementsprechend waren die Überraschung und meine Aufregung auch riesengroß. Ich rief sofort meine Freundin an und wollte ihr alles erzählen, wusste jedoch gar nicht, was ich sagen sollte. Unser Gespräch war also mehr eine Aneinanderreihung von scheinbar wahllosen Worthülsen meinerseits.
Verstanden hat sie mich dennoch.
Am 24. Januar 2022 war es dann soweit. Ich lernte Herrn Mathias Papendieck und seine Büroleiterin Frau Maria Kampermann kennen. Nach einem sehr angenehmen Gespräch erfüllte sich noch ein kleiner Traum von mir, denn ich bekam eine private Führung durch den Deutschen Bundestag. Meine anfängliche Aufregung war irgendwann komplett verflogen und ich hatte sehr viel Spaß. Noch am Abend war ich damit beschäftigt, die vielen und tollen Eindrücke des Tages zu verarbeiten. Ich stellte ich mich wieder auf eine längere Wartezeit ein. Trotzdem konnte ich es den darauffolgenden Tag nicht lassen, ständig in mein E-Mail-Postfach zu schauen.
Und das Hoffen hatte sich gelohnt, denn am Nachmittag bekam ich unerwartet eine E-Mail. Ich weiß noch, wie mein Herz plötzlich anfing immer schneller zu schlagen. Am Anfang konnte ich es kaum fassen.
Ich hatte das Stipendium bekommen! Ich wusste gar nicht, was ich sagen sollte. Ich konnte mein Glück kaum fassen. Kurze Zeit nach der E-Mail bekam ich auch einen Anruf von GIVE, welche mir ebenfalls mitteilte, dass ich das Stipendium bekommen habe.
Dann ging plötzlich alles ganz schnell. Ca. 3 Tage später erhielt ich einen Brief mit allen erforderlichen Formularen und weiteren wichtigen Hinweisen. Ich schrieb einen Host Family Letter und gestaltete eine Fotocollage für meine zukünftige Gastfamilie. Außerdem waren weitere Zeugniskopien, Bewertungen von zwei Lehrern und mehrere Arzttermine und für den Amerikaaufenthalt erforderliche Impfungen notwendig. Um ein Auslandsjahr in den USA durchführen zu können, muss man einen Englischtest bestehen, den sogenannten ELTIS-Test. Meiner fand wegen Corona auch wieder online statt. Ich bekam einen Zugangscode und jemand beobachtete über Zoom, dass ich diesen auch ehrlich durchführe. Das Ergebnis erhielt ich dann über E-Mail.
Nach einer für mich endlos vorkommenden Wartezeit bekam ich Mitte April 2022 die Nachricht, dass mich eine Gastfamilie für 10 Monate aufnehmen möchte und mit der ich hoffentlich eine wunderschöne und aufregende Zeit haben werde. Sie lebt in dem Bundesstaat North Carolina und besteht aus meiner Gastmutter und meiner
Gastschwester. Außerdem haben sie mehrere Katzen, worüber ich mich besonders gefreut habe.
Im Mai diesen Jahres fand eine Vorbereitungswoche meiner Organisation in Berlin satt. Ich lernte viele nette und aufgeschlossene Menschen kennen, die genau verstanden, was in mir gerade vorgeht, da sie das gleiche wie ich erleben dürfen. Das Seminar bestand aus einer Gruppenarbeit, welche das Ziel hatte, ein Theaterstück auf die Beine zu stellen und verschiedenen Vorlesungen. Uns besuchte eine Frau, welche unscmehr über den aktuellen Krieg in der Ukraine aus ihrer persönlichen Situation erzählen konnte. Außerdem lernten wir drei junge Menschen kennen, welche selbst ein Auslandsjahr mit dem Parlamentarischen Patenschafts-Programm absolviert haben. Wir konnten ihn viele Fragen stellen und so einen besseren Eindruck davon bekommen, was uns in wenigen Monaten erwarten wird. Zum Ende hin besuchte uns ein amerikanischer Botschafter und gab uns einen Einblick in seinen Arbeitsalltag, aber auch in das Leben in den USA.
Ende Mai 2022 hatten auch meine Eltern und mein kleiner Bruder die Möglichkeit, Herrn Papendieck und Frau Kampermann persönlich kennenzulernen. Wir trafen uns im Bundestag, haben eine persönliche Führung bekommen und hatten die Chance, über mein zukünftiges Auslandsjahr zu sprechen. Vor ein paar Tagen habe ich dann auch alle Formulare für die Beantragung meines Visums erhalten. Ich habe also noch etwas Arbeit vor mir. Gleichzeitig zeigt es mir aber auch, dass mein Auslandsjahr immer näher rückt. Ich kann es weiterhin kaum erwarten.
Ich möchte mich bei allen Menschen bedanken, welche mich auf meinem Weg bis hier hin unterstützt und begleitet haben. Mein ganz besonderer Dank gilt Herrn Papendieck nicht nur dafür, dass er mich ausgewählt hat, sondern besonders auch für die Einblicke, welche ich durch Ihn bisher erhalten haben.
Julia in den USA: Mein Weg zum Auslandsjahr
